Sabina Lang et Daniel Baumann
Sabina Lang (Bern/CH, *1972) und Daniel Baumann (San Francisco/USA, *1967) arbeiten seit 1990 unter dem Namen Lang/Baumann (oder L/B) zusammen. Ihre künstlerischen Strategien entnehmen sie verschiedenen Bereichen und lassen sich dabei oft von Ästhetiken der Vergangenheit anregen. Ihre Werke erneuern unsere Beziehung zu einer bestimmten Architektur, die wir auf diese Weise aus bisher unbekannten Perspektiven betrachten können.
Den Raum neu definieren und hinterfragen
Anders als bei früheren Projekten von Lang/Baumann, konzipierten sie für die 1779 erbaute Ancienne Chancellerie nicht eine zusamenhängende Intervention, sondern entwarfen drei verschiedene Installationen, die jeweils ein ganzes Stockwerk einnehmen. Dabei gehen sie auf die spezifischen Raumsituationen in jeder Etage ein, ohne dabei die historischen Mauern des frisch renovierten Gebäudes zu berühren. Mithilfe verschiedener Materialien und Formen, mit Transparenz und kräftigen Farben sowie durch Ausloten und Überschreiten der Raumgrenzen bespielen sie die drei Stockwerke auf unterschiedlichste Weise.
Im Erdgeschoss bilden drei transparente Zylinder einen Rauminhalt und spiegeln zugleich die Umgebung, was unsere Wahrnehmung des Raums verändert (Comfort #22, 2024); im 1. Stock unterteilen farbige, schiefe Module die Räume und lassen einen dynamischen Rundgang entstehen (Module #9, 2024); im obersten Stock wird das Publikum schliesslich aufgefordert, sich über zwei Treppenläufe und durch einen engen Gang zu einem Ausblick auf die Landschaft zu begeben, in einen Raum ausserhalb des Gebäudes, der auch von der Strasse aus sichtbar ist und die Fassade verändert (Beautiful Tube #7, 2024).
Lang/Baumann verwenden einfachste formale Mittel, die jedoch äusserst wirksam sind: Jede dieser Interventionen definiert die Volumen neu und spielt mit unserer Wahrnehmung und unserer physischen Raumerfahrung.
Lang/Baumann interessieren sich für die Geschichte der Formen und für deren Verwendung im realen Raum, indem sie einerseits nach den ästhetischen Erscheinungen in unserem Alltag, andererseits nach der auf den sozialen Raum erweiterten Präsenz der Kunstwerke fragen. Sie eignen sich die Codes visueller Kulturen aus verschiedenen Bereichen und Epochen an, um dauerhafte oder temporäre Installationen zu schaffen, die mehrheitlich eigens für einen Lebensort oder den öffentlichen Raum konzipiert sind und deren oft unpassende Gegenwart Rätsel aufwirft: Womit haben wir es zu tun? Handelt es sich tatsächlich um Kunst? Design? Architektur? Skulpturen? Alles auf einmal? Was bewirkt das in mir? Ist das schön?
Lang/Baumann, die mit ihren Werken Bewunderung wie Widerstand und Überraschung wie Neugier hervorrufen, sind nicht bestrebt, Objekte (zum Beispiel die Treppe oder den Gang) zweckzuentfremden, und dies umso weniger, als ihre Werke oft begehbar sind; vielmehr geht es ihnen darum, sie als eigenständige Formen zu betrachten und in Kontexte zu versetzen, die es ermöglichen, sie anders zu verstehen, ihre Ambivalenz zu betonen, ihren geometrischen und ästhetischen Charakter hervorzuheben, eine neue Vorstellungswelt zu erschliessen und uns anzusprechen.